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Pressemeldungen

Arbeitsmedizin ohne Arbeitsmediziner?

In Österreich fehlen flächendeckend ArbeitsmedizinerInnen. Unternehmen können zunehmend nicht mehr im Rahmen des Arbeitnhmerinnenschutzgesetzes (ASchG) betreut werden, weil es an Fachpersonal fehlt. 

  • Immer mehr heimische Unternehmen können aus Mangel an Medizinern arbeitsmedizinisch nicht mehr betreut werden.
  • Gesetz zum Schutz der ArbeitnehmerInnen ist zunehmend unvollziehbar
  • Industrieland Oberösterreich besonders stark betroffen

In Österreich fehlen flächendeckend ArbeitsmedizinerInnen. Unternehmen können zunehmend nicht mehr im Rahmen der Arbeitnhmerinnenschutzgesetzes (ASchG) betreut werden, weil es an Fachpersonal fehlt. Das Industrieland Oberösterreich ist davon bereits stark betroffen. Auch in Vorarlberg und Tirol ist der Notstand akut.

Kündigungen

„Wir müssen Unternehmen kündigen, weil wir sie aus Personalmangel nicht mehr arbeitsmedizinisch betreuen können“, beschreibt Gerhard Klicka die aktuelle Zuspitzung der Personalsituation. Der Geschäftsführer von Österreichs größtem Dienstleister auf dem Gebiet des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (über 170 Mitarbeiter) verweist auf weite Regionen in Oberösterreich, Vorarlberg, Tirol, Salzburg, in denen Unternehmen – entgegen dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – keine arbeitsmedizinische Betreuung mehr haben. Auch die Neukundenakqusition wurde von vielen Dienstleistern mangels Personalkapazitäten eingestellt.

Verdrängungswettbewerb

„Das ist kein IBG- sondern ein nationales Problem“, unterstreicht Klicka. Addiert man den wachsenden ÄrztInnenmangel im niedergelassenen Bereich, sind in den kommenden Jahren gravierende Versorgungsprobleme im Gesundheitsbereich zu erwarten. Klicka: „Von Kammern und Ministerien wird das Problem negiert. Aber wir kämpfen damit tagtäglich.“

Das ist die IBG

IBG ist mit über 170 MitarbeiterInnen und sechs Standorten in ganz Österreich das größte Unternehmen für betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention im Bereich Betriebliches Gesundheitsmanagement in Österreich und betreut mehr als 570 Betriebe und 55.000 ArbeitnehmerInnen (Stand 2015) unterschiedlichster Branchen und Unternehmensgrößen.

Die Bandbreite reicht von großen Betriebsambulanzen direkt am Werksgelände, wie im Chemipark Linz bis hin zu regelmäßigen Betreuungsterminen vor Ort. IBG betreibt in Summe drei arbeitsmedizinische Zentren, beschäftigt über 70 ÄrztInnen, viele ArbeitspsychologInnen, ErgonomInnen, SicherheitsingenieurInnen, ChemikerInnen, BetriebswirtInnen und VerwaltungsmitarbeiterInnen und ist seit 1995 in der betrieblichen Praxis tätig.

 

Hintergrund

Personalnotstand

Zur Arbeitsmedizin gibt es mehrere Ausbildungsschienen. Neben dem Sonderfach (u.a. publiziert als einer der Fachrichtungen auf der Homepage der Statistik Austria) gibt es noch die „alte Bewilligung“ (vom BMin. für Gesundheit) sowie (am bedeutendsten) das ÖÄK-Diplom. Zwischen den drei Berechtigungsarten gibt es aber einige Überschneidungen (d.h. Ärzte die mehrere Berechtigungen haben).

Das Gesamtbild der einzelnen Bereiche – bereinigt um die Überschneidungen – zeigt die folgende aktuelle Statistik der Ärztekammer Österreich.

 

Auswertung 03.10.2016
Aktive ÄrzteÖBKSSTTVW
FA f. Arbeits- und Betriebsmedizin11003132351912332
ÖÄK-Diplominhaber Arbeitsmedizin2.01646100329418166230171100456
Arbeitsmediziner10711325158111726
1 – 3 ohne Doppelzählung2.14146113356435170246174106495
davon Männer1.1102759176236951369860223
davon Frauen1.0311954180199751107646272

Quelle: Ärztekammer Österreich

 

12-Stunden-Arbeitstag führt in die Frühpension

Aus gesundheitlicher, betriebs- und volkswirtschaftlicher Sicht ist eine Ausweitung des Arbeitstages auf 12 Stunden für die überwiegende Mehrheit abzulehnen.

Wien (OTS) – 1. Jede Arbeitszeitreform zieht Verdichtungen und Rationalisierung nach sich, die bis an die Grenze der menschlichen Belastbarkeit gehen. Das ist der Gang der Industrie- und Arbeitszeitentwicklung. Der 8-Stunden-Arbeitstag ist so verdichtet worden, dass die Stress-Werte in den Belegschaften hoch sind und weiter steigen. Stress steigt exponentiell von Stunde zu Stunde und ist in der 7. Und 8. Stunde am höchsten. Die Zunahme in weiteren Stunde Arbeit wäre noch drastischer. Es gibt eine Kumulation von Stress im Laufe eines Arbeitstages, deren Bewältigung nach entsprechenden Pausen verlangt. Die findet in der Regel nicht oder nicht in ausreichendem Maße statt. Es ist arbeitsmedizinisch gesichert, dass chronischer Stress die Leistungsfähigkeit und Produktivität senkt und krank macht. Für die meisten Arbeitswelten sind daher 12-Stunden-Arbeitstage kontraproduktiv.

2. Mit dem Älterwerden steigen soziale und professionelle Leistungsfähigkeit, aber es sinkt die körperliche Leistungsfähigkeit. Um arbeitsbedingte Frühpensionierungen zu vermeiden und damit das Pensionssystem zu entlasten, müsste mit dem Älterwerden die tägliche Dienstdauer senken. Ein Verlängern des Arbeitstages würde Frühpensionen erhöhen.

3. Insbesondere Nacht-Schichten dürfen nicht verlängert werden. Für junge Arbeitnehmer beträgt die Verausgabung bei Nachtschichten 156% der Tagesschicht, d.h. ein 8 –Stunden-Nachtschicht ist so verausgabend wie 13 Stunden Tagarbeit. Eine 12-Stunden-Schicht wäre für AN um die 30 so verausgabend wie 19 Stunden Tagarbeit. Ab ca. dem 45. Lebensjahr sinkt die Nachtarbeitstoleranz bei der überwiegenden Mehrheit dramatisch (Körpertemperatur sinkt, neuroendokrine Prozesse werden fragiler, Schlafarchitektur zerbrechlicher). Eine Verlängerung der Nachtschicht ist in den meisten Berufen medizinisch gesundheitsschädlich.

4. Die gesetzlich verpflichtende Einhaltung der chemischen Grenzwerte MAK (maximale Arbeitsplatz-Konzentration) ist auf 8-Stunden-Arbeitstage ausgerichtet. Berechnungen für 12 Stunden-Arbeit liegen in der Regel gar nicht vor. Daher würde eine Ausweitung des Arbeitstages in weiten Bereichen der Arbeitswelt Gesundheit schädigen und geltendes Recht verletzen.
Als Projektleiter großer AZ-Projekte mit Verringerung der WAZ und der Nachtarbeit bei voestalpine, Agrolinz Melamin, Polyfelt, Smurfit Nettingsdorfer möchte ich hinweisen, dass die AZ-Verkürzung die Verkürzung von Nachtarbeit zu einer Verbesserung der Produktivität geführt hat, zu einem Sinken der Krankenstände und einem längeren Verbleib im Arbeitsprozess.

Prof.Dr. Rudolf Karazman, FA für Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapeut, Arzt für Arbeitsmedizin. Gründer der IBG.