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Öfter einmal NEIN sagen.

Über Führungsqualität und Arbeitsvermögen.

Der Druck in Unternehmen wird immer noch mehr. Unternehmen X zum Beispiel ist eines der profitabelsten Unternehmen in Österreich. Aber das hat offensichtlich seinen Preis. Auch wenn auf der einen Seite ein sagenhafter Gewinn steht, wird gleichzeitig aus den MitarbeiterInnen noch mehr herausgepresst, noch mehr gespart, Abläufe noch effizienter gestaltet. Bei den Gewinnzahlen wäre das nicht nötig – wohin soll das führen?

Das hat Auswirkungen bei den MitarbeiterInnen. Sie kommen in die Ambulanz. Auch KollegInnen, die die MitarbeiterInnen eines großen Unternehmens betreuen, sagen das, da geht’s ans Eingemachte, ums Emotionale.  Der US-Management-Stil geht davon aus, dass MitarbeiterInnen prinzipiell runterziehen, erst wenn die Leute in Tränen ausbrechen wird anerkannt, dass sie das Maximum aus der Belegschaft rausgeholt haben, dass diese am Limit sind. Nachhaltigkeit kann aber nur durch das Optimum statt des Maximums erreicht werden.

Optimum statt Maximum
Optimum bedeutet jedoch auch „zurückschrauben“. Dafür halten die MitarbeiterInnen länger aus. Mitarbeiterbefragungen haben gezeigt, dass Stressfragen zunehmend schlechter bewertet werden. Der Druck, die geforderte Qualität nicht mehr liefern zu können, stresst die MitarbeiterInnen. Der Zeitdruck, immer noch mehr in der gleichen Zeit zu leisten, steigt . In großen Betrieben kann man die Arbeit noch irgendwie auf andere abwälzen. In kleinen Unternehmen tut man sich da viel schwerer. Da kollabiert das System, wenn null Reserven vorhanden sind. Früher – so vor 15, 20 Jahren – gab es noch Reserven. Heute fehlen Sie weitgehend. Und wenn noch eine Grippewelle anrollt, dann ist das Maximum gleich erreicht. Wenn das Maximum aus den MitarbeiterInnen herausgeholt wird, ist Burnout oft ein Ventil. Vor acht, zehn Jahren wurde Burnout zum Begriff, das war eine gewisse Entlastung. Dann wurde das Verhalten verändert, aber nicht die Verhältnisse. Es wurde eher darauf geschaut, die Leute stressresistenter zumachen. Dabei geht es um Führungsaufgaben.

Achten Sie auf Ihre Führungskräfte
Schauen Sie als Unternehmer auf Ihre Führungskräfte, dass die nicht ausbrennen und zynisch werden. Tun Sie etwas für Ihre mittlere Management-Ebene. Führungskräfte zu sensibilisieren, ist DIE Burnout Prävention. Wenn Führungskräfte ihren MitarbeiterInnen Rückhalt geben, auf sie schauen, sie unterstützen statt nur mit Arbeit zupflastern, sodass sich der Mitarbeiter auch noch gegen die Führungskraft wehren muss, wenn der Druck ohnehin schon so groß ist. Vor allem in US-geprägten Konzernen geht es nur um die Zahlen, nicht um die Menschen. Da geben Befehlsempfänger den Druck von oben an ihre MitarbeiterInnen ungefiltert weiter. Führungskräfte werden gekündigt, weil sie für ihre MitarbeiterInnen einstehen und sich querlegen. Das ist ein Führungsstil, der krank macht. Ist die physische Kapazität erschöpft, fehlen die nötigen Reserven, dies führt zu Dauerstress und in Folge zu Krankheit.

Vernünftige Betriebe sorgen für Reserven
Umsichtige Betriebe hingegen, oft KMUs und Familienunternehmen, die darauf aus sind, ihr Unternehmen in 20 Jahren auch noch zu haben, stellen Investitionskonzepte für 10 bis 15 Jahre auf. So haben vorausdenkende Leitbetriebe bereits vor 20 Jahren mit Projekten für alternsgerechtes Arbeiten begonnen. Ihnen geht es darum Nachhaltigkeit zu leben. Es muss kein Widerspruch sein: langfristig und nachhaltig zu planen – und dennoch wirtschaftlich höchst erfolgreich zu sein. Nicht nur die Quick Wins herauspressen …

Eine Konzernstrategie, bei der alle zwei Jahre die Manager (Geschäftsführer) ausgetauscht werden, ist nur an kurzfristigen Entscheidungen und schnellen Erfolgen interessiert. Aber es braucht fünf Jahre, bis man Ergebnisse von strategischen Entscheidungen sieht, und bis dahin sind diese Leute schon wieder weg. Hinterlassen haben sie verbrannte Erde und ein mittleres Management, das – weil das ja konstant da ist –  alles aushalten muss. Das erzeugt Stress. Und oft wird dort die Managementverantwortung nach unten delegiert.

NEIN zu Sparmeistern
Betriebliche Gesundheitsförderung wird oft nur gemacht, solange es nichts kostet, alle möglichen Fördertöpfe werden ausgeschöpft, da sind die Sparmeister am Werk. Da muss man auch als Kooperationspartner schauen, nicht ausgenutzt zu werden und NEIN zu sagen. Dieses NEIN sagen können, müssen in solchen Unternehmen auch die Mitarbeiter lernen. Es ist auch eine Generationenfrage. Die Generation 50+ tut sich da naturgemäß etwas schwer. Die jungen, 30-jährigen, haben schon ein anderes Selbstbewusstsein.

Gute Gesundheitsprojekte rechnen sich mehrfach
Gute Gesundheitsprojekte kommen dreifach zurück: Über die Motivation der Mitarbeiter, das bessere Betriebsklima und damit über den wirtschaftlichen Return On Investment. Es ist auch eine strategische Frage der Reserveplanung. Mittelbetriebe bekommen ein Problem, wenn Arbeitsprozesse von Unternehmensberatern derart optimiert werden, sodass es keine Leerläufe mehr gibt, und damit die nötigen Reserven wegfallen. Die braucht man aber, nicht nur wenn kurzfristiger Bedarf ansteht, sei es durch Krankheitsfälle oder zusätzliche Aufträge. Sondern vorbeugend, damit die Leute nicht ausbrennen. Wenn hohes Arbeitsvermögen auf gute Führungsqualität trifft, ist ein menschlich nachhaltiges betriebliches Wachstum möglich.

Wenn Sie mehr über Führungsqualität und Arbeitsvermögen erfahren möchten, IBG Experte und Arbeitsmediziner Dr. Helmut Stadlbauer steht Ihnen für weiterführende Gespräche gerne zur Verfügung.